Andacht im Januar 2025

Januar 2025
Liebe Leserin, lieber Leser,
„wer über die Welt und sich selber nachdenkt, merkt, dass alles, was ihn umgibt, Pflanzen, Tiere, Mitmenschen, genau gleich am Leben hängt wie er selber. Wer das begriffen hat, muss ihnen allen in Liebe begegnen.“ Ausgehend von dieser Beobachtung prägte der Theologe Albert Schweitzer (1875-1965) mitten im Ersten Weltkrieg sein Lebensmotto: Ehrfurcht vor dem Leben. Er hat dieses Wort nicht nur als gut klingende Formel benutzt, sondern ihm mit seinem 90 Jahre umspannenden Lebenswerk beeindruckend Geltung verschafft.
Schweitzer war Privatdozent der Theologie und Doktor der Medizin: Unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg verließ er die Universität Straßburg und meldete sich bei der Pariser Missionsgesellschaft für einen Dienst in Afrika. So wurde ihm und seiner Frau Helene Bresslau die Leitung eines von amerikanischen Presbyterianern gegründeten und 1892 von der Pariser Mission übernommenen Hospitals übertragen. Es liegt in Lambarene am Ogowe-Fluss, im heutigen Gabun. Zunächst ließ sich während des Ersten Weltkrieges die Arbeit kaum voranbringen. Erst 1924 konnte der Aufbau eines Hospitals erfolgen, das der bedeutende Bachkenner durch Vortrags- und Konzertreisen finanzierte. Unsere Älteren erzählten noch, wie er Wetzlar verzauberte.
Mit Schweitzers Engagement wurde Lambarene zu einem weltweit bekannten Ort und er selbst, der 1954 den Friedensnobelpreis erhielt, nahezu ein „evangelischer Heiliger“. Bis heute ist der Einsatz des weltbekannten „Urwalddoktors“ in Lambarene unvergessen. Das von ihm gegründete „Urwaldspital“ wird heute von einer Stiftung getragen und deckt die medizinische Grundversorgung in der Region. Bis zu 180 Patienten können hier aufgenommen werden.
Es ist an der Zeit, Schweitzers Motto neu zu entdecken, mit dem er dem Auftrag Jesu folgen wollte. Ehrfurcht vor dem Leben verstand er als eine ethische Welt- und Lebensbejahung, die sich der Erhaltung von Leben zuwandte. Zugleich sollte sein Wirken zur Versöhnung zwischen Afrika und Europa beitragen. Wenn er auch aus seiner Zeit heraus verstanden werden muss, bleibt dies in einer globalisierten Vernetzung von Interessen und Konflikten ein hochaktuelles Programm. Gerade in unseren Tagen tun uns die Gedanken des großen Lebensfreundes gut.
Ihr/Euer Pfarrer Martin Reibis
Dezember 2024
Liebe Leserin, lieber Leser,
was für eine hektische Zeit, die Adventszeit! In den Wochen vor Weihnachten steht in vielen Betrieben der Jahresabschluss an, vieles muss noch erledigt werden, bevor das Jahr zu Ende geht. In der Schule werden Klassenarbeiten geschrieben und beurteilt. Dazu kommen die Vorbereitungen auf Weihnachten, das Aussuchen von Geschenken und die Planung der Festtage. Schließlich gibt es noch allerorten Weihnachtsfeiern – kurzum: die Wochen vor Weihnachten sind für viele recht stressig. Dabei hatte ich das einmal ganz anders gelernt. Advent, so hat man mir beigebracht, heißt eigentlich Ankunft – wir erwarten die Ankunft von Jesus. Die Adventszeit ist die Wartezeit auf das Kommen Jesu. Es ist eine besinnliche Zeit, in der wir uns auch darauf vorbereiten, dass Jesus kommt, dass Gott in unsere Welt kommt, dass Gottes Reich kommt. Für die meisten Menschen klingt das heute eher befremdlich. Vielleicht hat man es als kirchliche Formel schon einmal gehört, doch die Adventszeit als Wartezeit? Sich auf die Weihnachtstage vorbereiten, das ist klar, doch wie sollte man sich auf das Kommen Gottes vorbereiten?
Das war zu früheren Zeiten ganz anders. Die ersten Christen warteten sehnsuchtsvoll darauf, dass ihr Herr Jesus endlich wiederkommt. Dann würde sich alles Leid in Freude verwandeln, dann würde die Unterdrückung ein Ende haben, und die Träume würden wahr. Sie hofften, dass sie das noch zu ihren Lebzeiten erfahren würden, wie Jesus wiederkommt. Und so beteten sie voller Sehnsucht und Hoffnung: „Komm, Herr Jesus“. Das war mehr als die fromme Formel eines Tischgebets; in diesem Gebetsruf drückt sich der ganze Glaube der ersten Christen aus. Komm, Herr Jesus, auf aramäisch: Maranatha.
Ich bin überzeugt, dass wir von diesen ersten Christen lernen können. Lernen, dass unser Alltag nicht das letzte Wort hat, dass noch etwas aussteht. Wir können hoffen auf ein ganz anderes Leben, wir können etwas erwarten von Gottes Kommen. Maranatha. In unserer Bibel ist dies der feierliche Abschluss und dann folgt nur noch der Segenswunsch: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit uns allen.
Ihr/Euer Pfarrer Martin Reibis
Oktober 2024
Liebe Leserin, lieber Leser,
Erntedank: Streng genommen sind es zwei Themen, wobei eines davon betont wird, weil es vielleicht nicht mehr selbstverständlich ist: Zu danken.
Zuerst aber der erste Aspekt: Ernte. Beschenkt werden. Versorgt sein. In unseren Breitengraden für die allermeisten so selbstverständlich, dass es keiner Erwähnung wert zu sein scheint. Eine sehr eingeschränkte Sicht – weltweit, aber auch mehr und mehr in unserer Gesellschaft, in der Armut ein wachsendes Thema ist. Ein menschenwürdiges Leben führen zu können, sich ausreichend mit den Gütern des alltäglichen Lebens versorgen zu können – das ist keine Selbstverständlichkeit.
Das können wir uns auch nicht selbst machen, so gerne wir auch auf die eigene Tüchtigkeit schauen. Wir können auf Gott vertrauen. Wenn ich das einsehe, dann wird auch der zweite Schritt selbstverständlicher: Gott zu danken. Das gilt ja nicht nur für die Ernte, für die Versorgung mit Lebensmitteln. Das gilt zum Beispiel auch für ein Leben in Frieden und Sicherheit.
Zum Danken gehört aber auch das Wahrnehmen: Krieg und Gewalt, unversöhnlicher Hass blitzen in einem Ausmaß auf, dass entsetzt und sprachlos macht.
In diesen Tagen jährte sich der terroristische Überfall der Hamas. Das Oberhaupt unserer Kirche schreibt dazu: „Wir (trauern) um die Menschen, die Opfer des brutalen, menschenverachtenden Überfalls geworden sind. Wir leiden mit Ihnen, mit den Geiseln, den Ermordeten und denen, die immer noch festgehalten werden. Viele von Ihnen sind durch Familien – und Freundesbande mit Menschen in Israel verbunden. Wir sorgen uns mit Ihnen um die Existenz und die Sicherheit des Staates Israel. Und wir sind erschüttert von dem Krieg und der Gewalt, unter denen Menschen seit einem Jahr leiden – in Israel, im Gazastreifen, im Libanon – und die den Frieden in weite Ferne rücken. Wir sind entsetzt über die Brutalität eines islamistischen Terrorismus, der sich nicht nur gegen Israel richtet, sondern auch gegen eine offene Gesellschaft in Europa.“
Ich danke Gott, dass wir unseren Dank aber auch unsere Klage und unsere Bitten vor Gott bringen können.
Ihr/Euer Pfarrer Martin Reibis
August 2024
Ein neuer Anfang mit Gott
Sommerzeit = Ferienzeit. Für viele von uns sind in dieser Woche die Sommerferien zu Ende gegangen. Eine Pause vom Alltag, der nun sicher schnell wieder unser Leben bestimmen wird. Die freie Zeit, die wir allein oder mit geliebten Menschen genießen durften, ist nun vorbei. Vielleicht waren Sie im Urlaub, haben mit einem guten Buch zu Hause in der Sonne gelegen oder nachts die Sternschnuppen beobachtet. Der Mensch braucht diese Zeiten der Ruhe und Ablenkung von dem, was unser Leben normalerweise bestimmt.
Doch nun beginnt wieder dieser Alltag – sei es in der Schule oder im Beruf. Die wöchentlichen Verpflichtungen, positive wie negative, sind wieder da. Manchmal fühlt sich dieser Übergang schwer an, doch er bietet eben auch die Chance für einen Neuanfang: Warum nicht einem eher unliebsamen Kollegen die Hand reichen? Die eher unbekannte Person im Sportverein nach ihren Sommererlebnissen fragen? Und sich überraschen lassen, was sich aus diesen eigentlich unverbindlichen ersten Schritten entwickelt.
In Psalm 121,8 heißt es: „Der Herr behütet deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.“ Dieser Vers erinnert uns daran, dass Gott uns in jedem Abschnitt unseres Lebens begleitet. Ob in der entspannten Ferienzeit oder im geschäftigen Alltag, Gottes Schutz und Fürsorge sind uns sicher.
Lasst uns daher den (Neu-)Start in den Alltag mit Vertrauen beginnen, denn Gott geht mit uns. Die Erinnerungen und Erlebnisse des Sommers tragen wir im Herzen, doch nun dürfen wir gespannt und mutig in die kommende Zeit gehen. Gott schenkt uns die Kraft und den Mut, die wir brauchen, um die Aufgaben zu meistern, die vor uns liegen.
„Herr, danke für die erholsamen Sommerferien. Begleite uns, wenn wir in den Alltag zurückkehren. Schenke uns Kraft, Mut und Freude für die neuen Herausforderungen. Sei Du unser Begleiter in allem, was wir tun. Amen.“
Herzlichst
Ihr/ Euer Patrick Stübiger
Juni 2024
Liebe Leserin, lieber Leser, nach der Flut in Ahrtal 2021 machte uns die aktuelle Lage in Süddeutschland jetzt wieder sehr betroffen. Wasser – im Sommer eher beliebt – zeigt sich in seiner erschreckenden Gewalt.
Passt das zur Kirchenjahreszeit? Trinitatis. Bis zu 27 Sonntage können das sein, je nach Zählung. Uff! Das klingt dann wohl eher nach öder Durststrecke, gar nicht nach Wasser. Nun – kommt drauf an, was man vom Fest Trinitatis hält. In diesem Jahr war das am 26. Mai. Das Fest wird bei uns hoffnungslos unterschätzt. Ich möchte behaupten, Trinitatis ist wie das Wasser in seiner Wandelbarkeit. In dem Wort stecken ja die lateinischen Worte tris und unitas, drei und Einheit. Drei sind eine Einheit. 3=1. Eine geheimnisvolle Gleichung.
Trinitatis ist das Fest der Dreieinigkeit Gottes: Vater, Sohn,
Heiliger Geist. Schöpfer, Bruder, Inspiration. Es gibt Leute, die sagen: Seht ihr, Christen haben eigentlich drei Götter.
Aber so kann man natürlich nur reden, wenn man die Bedeutung von Trinitatis nicht kennt: Dass drei eine Einheit sind. So ist unser Gott: 3=1. Wie kann das sein?
Da fragen wir doch mal einen Chemiker, was H2O ist (nur für den Fall, dass wir es noch nicht wussten). Dann antwortet der Chemiker: „Ja, zieht euch mal euren Badehosen an und springt hinein, ihr könnt darin schwimmen. Es ist Sommer! H2O ist herrlich erfrischend.“ Stimmt, werden wir denken, das kennen wir, H2O ist so was Nasses. Aber was ist, wenn es nicht Sommer ist? Soll ja vorkommen. „Dann“, sagt der Chemiker, „dann ist es wohl Winter. Ihr setzt eure Wollmütze auf und schnallt euch Kufen unter die Füße. Auf H2O kann man traumhaft dahingleiten wie auf einer Spiegelfläche.“ Stimmt, werden wir wieder denken, das kennen wir, H2O ist so was Kaltes, Hartes, Festes. Aber was ist, wenn wir Husten haben und nicht aus dem Haus können? „Dann“, sagt der Chemiker, „dann müsst ihr eure Erkältung kurieren und ein Dampfbad machen. H2O kann man einatmen und das ist wunderbar entspannend.“ Stimmt, werden wir nochmals denken, das kennen wir, H2O ist so was Wolkiges, kaum Greifbares. Der Chemiker wird wahrscheinlich mit den Augen rollen und uns einen guten Tag wünschen, wenn er nun gefragt wird, ob das denn alles immer H2O sei: Einmal flüssiges Wasser, dann festes Eis und auch gasförmiger Dampf. Für ihn ist es von seiner Substanz her nämlich niemals etwas anderes als H2O. So ist es also: Christen und Christinnen sind wie dieser Chemiker. Sie beschreiben Gott von seiner Substanz her. So wie man Wasser in unterschiedlichen Arten erfahren und beschreiben kann, so kann man Gott in unterschiedlicher Weise erfahren und beschreiben. Vater, Sohn, Heiliger Geist. Schöpfer, Bruder, Inspiration. Und niemals, wirklich niemals wird es etwas anderes sein als Gott. Eine schöne Sommerzeit für uns – Gott sei Dank! Wir sind in unserer wunderschönen Region noch sicher! – und für die Menschen in den Flutregionen wünsche ich gute Unterstützung!
Ihr/Euer Pfarrer Martin Reibis
Mai 2024
Der Wunsch nach Frieden
„Und der Frieden Gottes, der alle menschlichen Gedanken weit übersteigt, wird euer Herz und eurer Denken in Christus Jesus bewahren.“ (Philipper 4, 7 bibel. heute)
Der Wunsch nach Friede ist in den letzten Jahren immer größer geworden. Erst versetzte uns die Corona-Pandemie in Unruhe und große Angst vor Ansteckung und einem schlimmen Krankheitsverlauf. Gefühlt ohne eine Pause haben zu können, ging es direkt weiter: Die Ukraine wurde von Russland angegriffen und jetzt finden zusätzlich auch noch Kriegshandlungen in Israel statt. Es ist zum Verzweifeln. Hört das denn nie auf?
Inmitten dieser Unruhe und Ängste können wir aber auch Gottes Stimme hören. Worte, die jeden Sonntag im Gottesdienst gesprochen werden, um uns Mut zu machen. Gott lässt uns nicht alleine. Er will uns seinen Frieden geben, einen Frieden den uns die Welt niemals geben kann. Es ist ein Ausblick auf seine ewige Welt, die voller Frieden und Liebe ist. Wir dürfen ihm jetzt schon alle unsere Angste und Sorgen abgeben und darauf vertrauen, dass er sie durch eine tiefe Ruhe ersetzen wird, die uns in Zeiten der Angst durchträgt. Jedes Mal, wenn uns Angst überkommt, sollten wir uns angewöhnen zuerst Gottes Frieden zu suchen. Er wird unser Herz damit füllen und uns handlungsfähig machen.
Wir beten: Herr, du siehst unsere Ängste und Sorgen. Nimm sie weg und verwandel sie in Zuversicht und tiefen Frieden. Amen
Jugendleiterin Johanna Schulz
März 2024
Liebe Leserin, lieber Leser, das Kreuz ist das Symbol des Christentums schlechthin. Das war über viele Jahrhunderte auch kein größeres Problem. Heute freilich liegen die Dinge etwas anders. Jesus Christus ist am Kreuz gestorben. Und da beginnen dann die Schwierigkeiten. Für den neuzeitlich-aufgeklärten Menschen ergeben sich gleich mehrere Anfragen: Warum ein Symbol, das auf den Tod hindeutet? Überhaupt, was soll das Ganze? Wird da nicht Gewalt verherrlicht? Und was bedeutet das für unser Gottesbild? Will der diesen Tod am Ende sogar? Für mich hätte Jesus jedenfalls nicht sterben müssen! – lautet manchmal der Einwand, und das ist zu verstehen.
Der Tod Jesu an Karfreitag ist ein schwieriges Kapitel und kommt nicht so locker, flockig daher wie Weihnachten und Ostern. Es hilft aber nichts. Der Tod am Kreuz ist nun mal Realität und dabei noch das einzige Ereignis aus dem Leben Jesu, das auch in außerchristlichen Quellen belegt ist: „Der sogenannte Christus wurde unter der Herrschaft des Kaisers Tiberius durch den Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet“ – schreibt der römische Historiker Tacitus.
Wie konnte es so weit kommen? Tja, wenn man auf die biblischen Erzählungen schaut, dann merkt man vielleicht, dass Jesus nicht unbedingt ein Mann der Mittelwege war. Kompromisslos hat er sich den Menschen zugewandt, vorzugsweise den Schwachen und Hilfsbedürftigen. Er war für Heilung, war für Liebe und auch für die Wahrheit. Das kam nicht überall gut an. Schon gar nicht bei den Oberen und Mächtigen. Das war Jesus aber ziemlich egal und so kam es, wie es kommen musste. Er kam unter die Räder beziehungsweise ans Kreuz. „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde“, hat er diesbezüglich mal gesagt. Und was die Menschen dann tatsächlich am Ende mit Jesus angestellt haben, das ist mehr als beschämend. Einfach deshalb, weil es rein gar nichts mit Menschlichkeit zu tun hat.
Paulus hat schließlich versucht, die Bedeutung vom Tod Jesu zu verdeutlichen: Den Weisen der Welt erscheint das Kreuz als eine Torheit Gottes. Ein Happyend ist das Kreuz zunächst nicht. Aber bei Gott liegen die Dinge anders, so Paulus. Seine Stärke zeigt sich gerade in dem, was wir für Schwäche erachten. Schwäche ist die wahre Stärke, und das Kreuz gibt davon Zeugnis.
Der Sohn Gottes gibt sich in das tiefste Elend der Welt. Gott selbst leidet am Kreuz mit. Stellvertretend für alles Leid dieser Welt. Und nur durchlebtes Leid ist am Ende überwundenes Leid. Insofern ist das Kreuz auch ein Zeichen des Sieges. Es ist ein paradoxes Symbol gegen die landläufige Meinung. Und schließlich wäre Gott nicht Gott, wenn nicht am Ende doch noch das Leben siegt. Durch den Tod hindurch.
Kommen Sie gut durch die letzten Tage der Passionszeit immer auf Ostern zu. Das wünsche ich uns allen.
Ihr/Euer Pfarrer Martin Reibis
Januar 2024
Liebe Leserin, lieber Leser,
mit Schwung ins neue Jahr! Diese Empfindung schwingt bei vielen – zumindest unbewusst – mit im Januar. Die sogenannten „guten Vorsätze“ sind ein Teil dieser Dynamik. Manches soll eben anders, besser werden. Manches verändert sich ohne eigenes Zutun. Die Hoffnung auf Änderung, auf Aufbruch kann unter Stress setzen.
Ich möchte deshalb zu Beginn des neuen Jahres für mehr Gelassenheit und Ruhe plädieren, langsam im neuen Jahr ankommen, statt von Anfang an voll durchzustarten. Vielleicht mal im Freien Platz nehmen – sei es auch kalt und nass oder gar frostig. Mal einen Schneemann bauen – sei er auch noch so klein und von trauriger Gestalt. Ungewohntes, Unbekanntes, statt mit neuem Schwung in alten Bahnen, die so schnell zum allzu bekannten Trott werden. „Ich habe keine Zeit, mich zu beeilen“, hat der Komponist Igor Strawinsky einmal gesagt. Weil Zeit zu kostbar ist, um sie mit Hektik zu vergeuden.
Den Januar auch deshalb mit Ruhe und Gelassenheit begehen, weil wir noch vom großen Fest des letzten Jahres zehren. Gerade sind die Könige an der Krippe angekommen. Manche hatten schon vorher die Krippe abgebaut und auf den Speicher geräumt. Gerade erst hat Jesus seine Geschenke – Weihrauch, Gold und Myrrhe – bekommen, und wir haben schon keine Zeit mehr, sein Geschenk an uns, seine Menschwerdung, zu feiern und in unserem Alltag wirken zu lassen. Manchmal habe ich den Eindruck, vor lauter Angst etwas zu verpassen, verpassen wir das Wesentliche.
Haben Sie schon den Jahresplan aufgestellt- Monat für Monat? Konnte alles wichtige dabei berücksichtigt werden? Und wenn nicht, wäre auch das kein Grund zur Sorge. Egal, ob im Januar oder im Dezember, wir sind immer in Gottes Hand; er ist der Herr aller Zeit. Nehmen Sie sich die Zeit, das nicht zu vergessen. Das wünsche ich uns allen.
Ihr/Euer Pfarrer Martin Reibis